19.04.2024

Winklers zum Posthorn: Abschied von einer Legende

Walter und Andrea Winkler gehen in den Ruhestand und möchten ihr Lokal in 1030 Wien in guten Händen wissen.

Andrea und Walter Winkler
Andrea und Walter Winkler © Bernhard Degen

Vom Bundespräsidenten abwärts wurde das typische Wiener Wirtshaus seit 15 Jahren rege frequentiert. Mastermind hinter dem Winklers zum Posthorn ist “Hofrat” Walter Winkler: Aufmerksamer Gastgeber, kantiger Wirt und unterhaltsamer Schmähbruder – ein Wiener Original, das eine große Lücke hinterlassen wird. “Ich bin kein Gastronom, ich bin Wirt”, sagt der Hofrat im Gespräch mit Gault&Millau. Was einen Wirt im Grätzl ausmacht, wird schon nach wenigen Minuten vor Ort offenbar. Winkler kennt seine Gäste persönlich, es wird nach dem gesundheitlichen Befinden gefragt, für Insider*innen ist die eine oder andere Portion Schweinsbraten zurückgelegt und zahlreichen Passant*innen wird durch das geschlossene Fenster zugewunken. Ein Wirt kann aber auch resolut sein: Wenn da jemand unangemeldet mit dem E-Scooter ins Lokal kommt, dann muss er oder sie damit rechnen, dass ihm oder ihr eine “Goschn angehängt” wird. Man muss also befürchten, dass man mit launischen Kommentaren bloßgestellt wird. Ein Wirtshaus ist schließlich kein Gasthaus.

“Ich bin seit 42 Jahren mit voller Hingabe und Leidenschaft in der Gastronomie”, erzählt der Hofrat. Das hat auch gesundheitliche Spuren hinterlassen und der Übergang in die “Korridorpension” ist wohl verdient. Das Loslassen fällt ihm aber ebenso schwer wie seiner Frau Andrea, die “nebenher” noch eine Drogerie betreibt. Vor allem um sein Team tut es ihm leid. “Unser Küchenchef Malouri Kankani ist seit 15 Jahren bei uns und hatte zwei Krankenstandstage”. Auch deshalb ist es den Winklers wichtig, eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger zu finden. Wenn man die gemütliche Gaststube mit der wunderbar alten Schank sieht und erfährt, wie gering Miete und Ablöse sind, sollte die Suche nicht allzu lange dauern. Zumal man ein hervorragend eingespieltes Team “mitübernehmen” kann. In Zeiten des Personalmangels ein nicht zu unterschätzendes Asset.

Gemütlicher Schanigarten in der Posthorngasse
Gemütlicher Schanigarten in der Posthorngasse © Bernhard Degen

Ein Leben für die Gastronomie

Rückblickend erinnert sich der Hofrat an viele schöne Momente mit seinen Gästen: “Mein Leben war Party, das Posthorn wie mein Wohnzimmer.” Die Gastro-Karriere von Walter Winkler hat über dem Umweg einer Druckerlehre im Familienbetrieb begonnen. Schon während seiner Lehrzeit allerdings jobbte er als Kellner bei einem Nobel-Italiener in Klosterneuburg und entdeckte sein Gastgebertalent. Die Druckerei tauschte er mit der Gastro-Bühne, das Kellner-Handwerk lernte er so richtig im traditionellen Café-Restaurant Servus an der Mariahilfer Straße. Darauf folgten zehn wilde Jahre im legendären Roten Engel im Wiener Bermuda-Dreieck, dem damals bekanntesten Lokal für Live-Konzerte. Nur kurz wurde es ruhiger, als Winkler als Service-Leiter im Plutzer-Bräu am Spittelberg begann, denn schon bald kaufte er sich ein und übernahm die Geschäftsführung. Der Hofrat machte den maroden Betrieb zu einem Szenelokal, das extrem stark frequentiert wurde.

Kuriose Anekdoten erzählt Walter Winkler von seinem Engagement im “Österreicher im MAK”, dem zum Start kein nachhaltiger wirtschaftlicher Erfolg gelungen war. Aber mit seiner Erfahrung und seinem Tatendrang brachte er das Lokal in die schwarzen Zahlen. Er wäre dann wohl ein stimmiger Gastgeber beim Heurigen Mayer am Pfarrplatz geworden, wenn da nicht ein schicksalhaftes Inserat aufgetaucht wäre. Das Gasthaus zum Posthorn war als ältestes Wiener Beisl im dritten Bezirk angepriesen worden. Es war der Beginn einer Liebesgeschichte.

Winklers zum Posthorn

“Wir waren von Anfang an voll!” erzählt der Hofrat bei einem Teller köstlicher Nierndln in Whiskysauce. Eröffnet wurde im Jahr 2009, seitdem ist das Winklers zum Posthorn so etwas wie der Herzschlag des Grätzls, in dem die Gastronomenfamilie nun schon ein halbes Jahrhundert wohnt. Gemütlich war es aber nie. “Wir machen alles selber, keine Convenience-Ware, nur die Leberknödeln werden zugekauft”, erzählt der Wirt. “Wir haben nicht einmal eine Putzfrau, wir putzen alles selber!”

Woran er sich am liebsten zurück erinnert? “Es sind die Gäste, vom Bundespräsidenten angefangen. Wir haben das Posthorn scherzhalber Präsidentenstüberl genannt, weil nicht nur der Bundespräsident Stammgast ist, sondern auch viele andere Präsidenten regelmäßig kamen. Der ÖOC-Präsident, der Rapid-Präsident und viele mehr. Aber es kommen auch viele Künstler, die Oscar-Preisträger Michael Haneke und Stefan Ruzowitzky, Gottfried Helnwein und viele mehr.” 

Vielleicht ist das Posthorn ja doch ein Gasthaus?

Bis 27. Juni kann man sich noch selbst ein Bild davon machen.


von Bernhard Degen

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